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10 Fragen an…Wim Wenders

In unserer Interview-Serie stellen wir wieder „Zehn Fragen an…“ eine Person, die Teil unserer Geschichten ist. Aus gegebenem Anlass haben wir diesmal Wim Wenders im Gespräch. DCM wird in 2023 mit ANSELM UND PERFECT DAYS zwei seiner Filme in die deutschen und schweizer Kinos bringen, die ihre Weltpremiere bei den diesjährigen internationalen Filmfestspielen feierten...

Foto: © Valery Hache

Was erträgst du nur mit Humor?

Fragebögen. Und Leute, die sich zu ernst nehmen.

 

Bist du von deiner Selbstkritik überzeugt?

Erst schon, aber nach einer Weile oft nicht mehr. Aber dann, in der Kritik an meiner Selbstkritik, bin ich gnadenlos.

 

Was könnte man dir übel nehmen?

Dass ich entweder zu viel schweige oder, wenn ich rede, dann zu lange.

 

Bist du dir selbst ein guter Freund?

Unbedingt! „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst,“ heißt das Gebot ja. Das ist klug so, aber oft wird der Zusatz „wie Dich selbst“ unterschlagen. Aber um andere wirklich schätzen zu können, darf man sich selbst nicht Feind sein.

 

Was tust du für Geld nicht?

Meine Überzeugungen ändern. Oder andere runtermachen, auslachen, verleumden. Und schon gar nicht mich ausziehen, im wörtlichen oder übertragenen Sinne des Wortes.

 

Was fehlt dir zum Glück?

Die Frage ist unklar gestellt. Soll es heißen: A) Was fehlt Dir, um glücklich zu sein? Oder B): Worüber bist Du froh, dass es Dir fehlt? (Was die interessantere Frage wäre…)

Antwort auf A) Herzlich wenig. Außer mehr Zeit, aber die fehlt allen immer mehr.

Antwort auf B) Ich bin nicht nachtragend. Und zum Glück fehlt mir jede Fähigkeit zum Zynismus.

 

Was erfüllt dich mit Hoffnung?

Junge Menschen. Und dass jede Generation ihre Regeln und ihre Einstellungen neu erfinden muss, besser: darf.

 

Ohne welche Erfindung könntest du nicht leben?

Es gibt keine Erfindung, die alleine für sich existiert. Alle Erfindungen, mit denen wir leben, stehen in einem Zusammenhang. Und weil ich ein visueller Mensch bin, gehe ich mit vielen Erfindungen um, die mit dem Sehen zu tun haben, mit Kameras, mit Linsen, mit Computern, mit Printern, mit Kopien digitaler oder analoger Art, mit Büchern, mit Schnittsystemen etc. Aber die hängen alle von der großartigsten „Erfindung“ ab, und das sind unsere Augen. Keine Kamera, kein 3D, kein VR, kein Computer und keine AI kommt da ran. Unsere Augen, und überhaupt wie das ganze Sehen funktioniert, dagegen kommt keine Erfindung an. Deswegen gibt es die Erfindung auch nicht, ohne die ich nicht leben könnte. Ich habe etwas viel Schöneres, was nicht erfunden wurde.

 

Wenn du von heute auf morgen etwas ändern könntest an deinem Leben, was wäre das?

Nichts. Ich will weder meine Arbeit ändern, noch mein Alter, und will auch nicht in einem anderen Land leben oder eine andere Muttersprache sprechen. Ich will meine Freunde nicht ändern und schon gar nicht meine Frau oder meinen Glauben. Mein Leben heute ist das Ergebnis dessen, was ich gelebt habe, auch das Ergebnis von Fehlern, aus denen ich, zumindest zu einem Großteil, habe lernen können. Höchstens könnte mein Gedächtnis etwas besser sein, aber das war früher auch schon nicht so gut. Und mein Knochengerüst lässt allmählich etwas zu wünschen übrig. Ja, doch: wenn man Zipperlein abstellen könnte, das wär’s!

 

Träumst du und wenn ja, gibt es immer wiederkehrende Träume?

Früher gab es solche wiederkehrenden Träume, aber schon lange nicht mehr. Ich träume viel, und oft sind das die tollsten Filme mit irren Drehbüchern. Manchmal schreibe ich mir Träume auf. Und wenn jemand drin vorkommt, den ich gut kenne, sage ich denen das gelegentlich.

 

Beitragsbild: © Gerhard Kassner